Großmagd Ulrike

Ulrike wurde 1287 in Schleswig geboren, wo ihr Vater als Steinmetz am Bau des Schleswiger Domes mitwirkte. Ihre Mutter starb schon kurz nach der Geburt, und ihr Vater hätte nicht gewusst, wie er den Säugling betreuen sollte, wenn nicht seine ältere, verwitwete Schwester sich bereitgefunden hätte, das Kind zu versorgen und ihm den Haushalt zu führen. Die Tante war kinderlos und hatte vor ihrer Heirat in der Küche des herzoglichen Hofes in Schloss Gottorf gearbeitet. Da Ulrike keine Geschwister hatte, hatte ihre Tante viel Zeit, das kleine Mädchen das Kochen zu lehren, und Ulrike erwies sich als eifrige Schülerin. Als Ulrike 12 Jahre alt war, verstarb die Tante.

Ihr Vater, dem die Backsteingotik des Schleswiger Domes wenig Herausforderung bot, hatte vom Dombau in Köln gehört und zog deshalb mit der halbwüchsigen Tochter nach Süden. Aber die Kölner Dombauhütte brauchte gerade keine weiteren Steinmetze, und so beschloss der Vater, in Frankreich, wo viele gotische Kathedralen entstanden, Arbeit zu suchen. Auf der Reise nach Westen kamen Vater und Tochter nach Jülich, wo Graf Gerhard V. gerade ein zweites Mal geheiratet hatte, und zwar Elisabeth von Brabant. Die Feierlichkeiten anlässlich der Hochzeit waren noch nicht beendet, die gräfliche Küche brauchte weitere Mägde, um die Gäste zu bewirten, und Ulrikes Vater war froh, seine Tochter in den gräflichen Küchendienst zu geben, wo sie, wie er hoffte, eine gute und gesicherte Stellung haben würde.

Der Vater zog bald weiter nach Frankreich; Ulrike aber nahm die Arbeit in der Küche auf. Bescheiden, fleißig und sehr wissbegierig tat sie, was ihr aufgetragen wurde und zeigte, dass sie schon einiges vom Kochen verstand. Es war ihr ein Vergnügen, nun nicht nur Grütze zu kochen, sondern auch Wildbret zuzubereiten oder ein feines Blanc Manger. Ihr Wissen und ihre Fertigkeiten vervollkommneten sich, so dass sie schließlich als Großmagd die Küche leitete und die Verantwortung für das leibliche Wohl auch des gräflichen Paares übertragen bekam.